Herr Adrian hett Liefpien

- Wilhelmshavener Erstaufführung -

Lustspiel von Molière
Niederdeutsch von Arnold Preuß
Regie: Arnold Preuß
Musik: Nicolas C. Ducci
Premiere: 08.04.06

Herr Adrian,
der eingebildet Kranke - Jürgen Tapken
Regine,
Adrians zweite Frau - Wilma Welte
Angela,
Adrians Tochter aus erster Ehe - Martina Hofmann
Luise,
Adrians kleine Tochter aus erster Ehe - Stephanie Zeitz
Bernhard,
Adrians Bruder - Klaus Aden
Klemenz
- André Gelhart
Herr Machandel,
Doktor - Horst Karstens
Thomas Machandel,
sein Sohn - Marc Gelhart
Herr Aderlaat,
Hausdoktor - Nicolas C. Ducci
Herr Hollunderbeer,
Apotheker - Walter Bleckwedel
Herr Redlich,
Notar - Willy Meinert
Anna,
Dienstmädchen - Marion Zomerland
Dekan der Medizinischen Fakultät
- Walter Bleckwedel
1. prüfender Professor
- Günter Boye
2. prüfender Professor
- Ralf-Rüdiger Bayer
3. prüfender Professor
- Ingo Folkers
4. prüfender Professor
- Hanna Christoffers
Klistierspritzenträger
- Gabriele Mahnke
Klistierspritzenträger
- Katja Stöver
Klistierspritzenträger
- Fenja Strowik
Klistierspritzenträger
- Aline Wohler


Inhalt

Herr Adrian fristet sein Dasein in vermeintlichem Siechtum, doch die einzige Krankheit, an der er wahrhaftig leidet, ist die Hypochondrie. Deshalb sammeln sich bei ihm stapelweise Rechnungen seiner Ärzte und Apotheker, die sich quaksalbend an ihm bereichern. Doch Herr Adrian hat sich Gedanken gemacht, wie er künftig Geld sparen kann: Er will, dass seine Tochter Angela den frisch promovierten Doktorsohn Thomas Machandel heiratet. Gerade, als sich Angelas wahre Liebe Klemenz als ihr Gesangslehrer ins Haus gemogelt hat, trifft der Nebenbuhler in Begleitung seines Vaters zum Antrittsbesuch ein.

von links: Thomas (Marc Gelhart) und sein Vater Doktor Machandel (Horst Karstens)

Wie zu erwarten war, trifft Thomas nicht ganz den Geschmack von Angela. Vater Machandel hingegen zeigt sich begeistert von seinem Filius.

von links: Herr Adrian (Jürgen Tapken), Thomas Machandel (Marc Gelhart), sein Vater (Horst Karstens), Klemenz (André Gelhart), Angela (Martina Hofmann) und Anna (Marion Zomerland)

Doktor Machandel begrüßt Herrn Adrian mit großem Respekt...

von links: Herr Adrian (Jürgen Tapken), Thomas Machandel (Marc Gelhart), sein Vater (Horst Karstens), Klemenz (André Gelhart), Angela (Martina Hofmann) und Anna (Marion Zomerland)

...und in aller Ausführlichkeit,...

von links: Herr Adrian (Jürgen Tapken), Thomas Machandel (Marc Gelhart) und sein Vater (Horst Karstens)

...während Thomas voller Stolz auf seines Vaters Redegewandtheit seiner baldigen Aufwartung entgegenfiebert.

Thomas Machandel (Marc Gelhart)

Obgleich er nicht sehr erfahren ist in solchen Situationen, erkennt er mit nur geringer Verzögerung, dass er zunächst dem Vater seine Ehrerbietung zollen sollte...

von links: Herr Adrian (Jürgen Tapken) und Thomas Machandel (Marc Gelhart)

...was er auch, ganz wie der Vater, sehr umfangreich erledigt. Immer wieder vergleicht er seinen künftigen zweiten Vater mit seinem leiblichen ersten.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart) und sein Vater (Horst Karstens)

Die leibliche Leistung des Vaters bei der Zeugung weiß er durchaus zu schätzen,...

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart) und sein Vater (Horst Karstens)

...aber die Tatsache, dass Herr Adrian ihn als künftigen Schwiegersohn auserkoren hat...

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart) und sein Vater (Horst Karstens)

...huldigt er in den höchsten Tönen.

von links: Herr Adrian (Jürgen Tapken) und Thomas Machandel (Marc Gelhart)

Nachdem er Herrn Adrian davon überzeugen konnte, die richtige Wahl getroffen zu haben, möchte Thomas nun Angela angemessen begrüßen. Nach Anweisung seines Vaters präpariert er sich für den Kuss.

von links: Doktor Machandel (Horst Karstens), Klemenz (André Gelhart), Thomas Machandel (Marc Gelhart), Angela (Martina Hofmann) und Anna (Marion Zomerland)

Allerdings stellt sich heraus, dass Thomas Angela für die Mutter der Braut gehalten hat. Doch pfiffig wie Thomas ist, weiß er in seinem Gedächtnis zwischen all den auswändig gelernten Begrüßungen auch den Antrag für seine künftige Braut abzurufen.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), Klemenz (André Gelhart), Angela (Martina Hofmann) und Anna (Marion Zomerland)

Mit ausgefeiltem Pathos und geschliffenem Wort glaubt er auch Angela betören zu können.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), Klemenz (André Gelhart), Angela (Martina Hofmann) und Anna (Marion Zomerland)

Doch die Reaktionen Angelas sowie ihres Liebsten Klemenz finden sich irgendwo zwischen peinlicher Berührtheit...

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), Klemenz (André Gelhart), Angela (Martina Hofmann) und Anna (Marion Zomerland)

...und Angewidertheit wieder.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), Klemenz (André Gelhart) und Angela (Martina Hofmann)

Um die letzten Zweifel an Thomas' Vollkommenheit auszuräumen, schildert sein Vater die Erfahrungen mit seinem eigensinnigen Sohn.

von links: Herr Adrian (Jürgen Tapken), Doktor Machandel (Horst Karstens), Thomas Machandel (Marc Gelhart), Klemenz (André Gelhart), Angela (Martina Hofmann) und Anna (Marion Zomerland)

Natürlich erfüllt das Thomas mit Stolz...

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), Klemenz (André Gelhart), Angela (Martina Hofmann) und Anna (Marion Zomerland)

...während die Ausführungen zu dessen Zeugungsfähigkeit ihm doch ein wenig die Schamesröte ins Gesicht steigen lassen.

Thomas Machandel (Marc Gelhart)

Bei so einem herausragenden Ereignis möchte Herr Adrian dem Besuch auch etwas bieten, und so bittet er Klemenz um eine musikalische Einlage mit Angela. Voller Erwartung lauschen die Machandels und Herr Adrian.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), Herr Adrian (Jürgen Tapken) und Doktor Machandel (Horst Karstens)

Zum Verständnis gibt Klemenz noch eine Einführung in seine kleine Stehgreifoper, die auch Angela etwas überrumpelt.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), Herr Adrian (Jürgen Tapken), Anna (Marion Zomerland), Doktor Machandel (Horst Karstens), Klemenz (André Gelhart) und Angela (Martina Hofmann)

Ganz und gar nicht zufällig hat die Geschichte der Oper sehr viel Ähnlichkeit mit Klemenz' und Angelas Schicksal...

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), Herr Adrian (Jürgen Tapken), Anna (Marion Zomerland) und Doktor Machandel (Horst Karstens)

...was außer der gewitzten Magd Anna natürlich keiner merkt.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), Anna (Marion Zomerland), Herr Adrian (Jürgen Tapken), Doktor Machandel (Horst Karstens), Angela (Martina Hofmann) und Klemenz (André Gelhart)

Daher ist sie auch die einzige, die von dem Lied gerührt ist. Die Tatsache, dass nicht mal der Text auf dem Notenblatt zu finden ist, irritiert Vater Adrian doch sehr, und er setzt Klemenz kurzerhand vor die Tür.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), Herr Adrian (Jürgen Tapken), Anna (Marion Zomerland), Doktor Machandel (Horst Karstens), Klemenz (André Gelhart) und Angela (Martina Hofmann)

Schon kurz darauf, als Regine eintrifft, kann Thomas seine einstudierte Ansprache an die Schwiegermutter in spe anbringen.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), Anna (Marion Zomerland), Regine (Wilma Welte) und Herr Adrian (Jürgen Tapken)

Regine besitzt doch tatsächlich die Frechheit, die wohldurchdachte Rede zu unterbrechen...

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), Anna (Marion Zomerland), Regine (Wilma Welte) und Herr Adrian (Jürgen Tapken)

...was Thomas vollends aus dem Konzept bringt.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), Anna (Marion Zomerland), Regine (Wilma Welte) und Herr Adrian (Jürgen Tapken)

Die unbändige Wut des Unterbrochenen kann nur noch durch ein mahnendes Wort des Vaters gebremst werden.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), Anna (Marion Zomerland), Regine (Wilma Welte) und Herr Adrian (Jürgen Tapken)

Als Herr Adrian Angela dazu auffordert, dem künftigen Gemahl zu Gefallen zu sein, gibt diese Widerworte.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart) und Angela (Martina Hofmann)

Doch da hat sie die Rechnung ohne Thomas gemacht, denn wie bereits Doktor Machandel zu berichten wusste, ist sein Zögling ein Meister der Diskussion und hat während seines Studiums bereits einige seiner Professoren um den Verstand gebracht.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart) und Angela (Martina Hofmann)

Während Angela an die wahre Liebe glaubt, ist Thomas fest von seinem altertümlichen Standpunkt überzeugt, dass die Liebe nicht zwingend notwendig für den Ehestand ist - zumindest nicht für seinen.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), sein Vater (Horst Karstens), Angela (Martina Hofmann) und Regine (Wilma Welte)

Angela bittet ihren Vater abermals inständig, ihr diesen unerwünschten Bräutigam nicht aufzuzwingen.

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart), sein Vater (Horst Karstens), Anna (Marion Zomerland), Angela (Martina Hofmann), Regine (Wilma Welte) und Herr Adrian (Jürgen Tapken)

Diese Frechheit bricht Thomas sein unerfahrenes Herz. Wie konnte dieser ausgeklügelte Besuch nur so erfolglos enden?

von links: Thomas Machandel (Marc Gelhart) und sein Vater (Horst Karstens)

Ein Lichtblick tut sich kurz vor Abreise der Machandels doch noch für Thomas auf: Herr Adrian bittet um eine Diagnose bezüglich seines Gesundheitszustandes. Da lässt der stolze Machandel-Senior natürlich gerne dem frisch studierten Junior den Vortritt.

von links: Doktor Machandel (Horst Karstens), Herr Adrian (Jürgen Tapken) und Thomas Machandel (Marc Gelhart)

Der weiß sich selbstverständlich ein "treffliches" Urteil zu bilden.

von links: Doktor Machandel (Horst Karstens), Herr Adrian (Jürgen Tapken) und Thomas Machandel (Marc Gelhart)

So wie auch die alten erfahrenen Ärzte kann auch er an Adrians ungleichmäßigem Puls feststellen...

von links: Doktor Machandel (Horst Karstens), Herr Adrian (Jürgen Tapken) und Thomas Machandel (Marc Gelhart)

...dass der Gesundheitszustand sehr zu wünschen übrig lässt, was Herrn Adrian in seinem eingebildeten Siechtum abermals bestärkt. Zufrieden ziehen Machandels nun von dannen. Zum Glück gibt es noch die engagierte Magd Anna, die ihrem Herrn immerzu Widerworte gibt und versucht, ihm den Kopf zurechtzurücken. Unterstützung bekommt sie endlich von Adrians Bruder Bernhard. Die beiden öffnen dem Hypochonder die Augen und zeigen ihm, dass seine zweite Ehefrau Regine ihm nur wegen des Erbes die Liebe vorgaukelt, während Tochter Angela wirkliche herzliche Gefühle, trotz der Uneinigkeit, für den Vater hegt. Sie bitten ihn, der jungen Liebe keine weiteren Steine in den Weg zu legen. Auch die Bedingung, dass Klemenz Doktor werden soll, kann Bernhard abwenden. Er überredet Herrn Adrian, selbst Doktor zu werden. Nach anfänglicher Skepsis wird Herr Adrian von einem Riesenaufgebot an Prüfern heimgesucht.

von links: Bernhard (Klaus Aden), Anna (Marion Zomerland), Herr Adrian (Jürgen Tapken), Thomas Machandel (Marc Gelhart), Klisiterspritzenträger (Katja Stöver), Doktor Machandel (Horst Karstens), Herr Redlich (Willy Meinert), Regine (Wilma Welte) sowie hinten die Prüfungskommission (Günter Boye, Walter Bleckwedel, Ralf-Rüdiger Bayer, Ingo Folkers und Hanna Christoffers)

Der Vorsitzende der Prüfungskommission bittet alle Beteiligten um eine sorgfältige Prüfung, um den Prüfling nicht später aus der Doktorzunft entfernen zu müssen.

von links: Klistierspritzenträger (Fenja Strowik, Gabriele Mahnke), Bernhard (Klaus Aden), Anna (Marion Zomerland), Herr Adrian (Jürgen Tapken), Thomas Machandel (Marc Gelhart), sein Vater (Horst Karstens), Herr Aderlaat (Nicolas C. Ducci), die Prüfungskommission (Günter Boye, Ralf-Rüdiger Bayer, Walter Bleckwedel, Ingo Folkers und Hanna Christoffers) Regine (Wilma Welte), Herr Redlich (Willy Meinert), Klemenz (André Gelhart), Angela (Martina Hofmann), Klistierspritzenträger (Katja Stöver, Stephanie Zeitz)

Etwas mulmig ist Herrn Adrian schon zumute.

von links: Klistierspritzenträger (Fenja Strowik, Gabriele Mahnke), Bernhard (Klaus Aden), Anna (Marion Zomerland), Herr Adrian (Jürgen Tapken), Thomas Machandel (Marc Gelhart) und sein Vater (Horst Karstens)

Doch er stellt sich mutig den Fragen der Kommission.

von links: Bernhard (Klaus Aden), Herr Adrian (Jürgen Tapken), Anna (Marion Zomerland), Thomas Machandel (Marc Gelhart), sein Vater (Horst Karstens), Herr Aderlaat (Nicolas C. Ducci) und die Prüfungskommission (Günter Boye, Walter Bleckwedel, Ralf-Rüdiger Bayer, Hanna Christoffers und Ingo Folkers) Regine (Wilma Welte), Herr Redlich (Willy Meinert), Klemenz (André Gelhart), Angela (Martina Hofmann), Klistierspritzenträger (Katja Stöver, Stephanie Zeitz)

Mit zunehmender Sicherheit weiß er die schwierigen Aufgaben mit komplexen Patentrezepten zu lösen.

von links: Klistierspritzenträger (Fenja Strowik, Gabriele Mahnke), Bernhard (Klaus Aden), Herr Adrian (Jürgen Tapken), Anna (Marion Zomerland),  Thomas Machandel (Marc Gelhart), sein Vater (Horst Karstens) und Herr Aderlaat (Nicolas C. Ducci)

Schließlich besteht Herr Adrian die Prüfung, wird zum Doktor "geschlagen" und von den Anwesenden gefeiert.




Kritiken

WILHELMSHAVENER ZEITUNG vom 10. April 2006

Molière klappt auch auf Plattdeutsch

PREMIERE Niederdeutsch brachte Sonnabend im Stadttheater „Herr Adrian hett Liefpien" heraus

Molières „Der eingebildet Kranke" heißt bei den Niederdeutschen ,Herr Adrian hett Liefpien". Die Aufführung blieb bis auf die Sprache dem Orginal treu.

VON INGA HELLWIG

WILHELMSHAVEN - Die Niederdeutsche Bühne ist immer für Überraschungen gut. Statt dem „Schenkelklopfen" widmete man sich in der April-Premiere, mit der Übersetzung des Molière-Lustspiels „Der eingebildet Kranke", einem Klassiker, der zum Pflicht-Repertoire eines jeden Französischschülers gehört. "Herr Adrian hett Liefpien", unter der Regie und in „Übersetzung' von Arnold Preuß, blieb dabei der Vorlage bis auf die Sprache treu.

Das Ensemble der Niederdeutschen Bühne legte gleichzeitig erneut ein Zeugnis davon ab, dass es - jenseits von Schwank und Bauernkomödie - das ernsthafte Schauspiel meistert. In einem Spannungsfeld zwischen klassischen Kostümen und einem kafkaesken Bühnenbild, auf dem das Geschehen im Schatten riesenhafter Medizinflaschen und Pillendosen vor geht, zeigte sich dieses andere aber sehr sehenswerte andere Gesicht des Ensembles. Gelacht werden konnte dennoch, denn in der satirischen Typen-Komödie mit dem Protagonisten Jürgen Tapken (als der eingebildet Kranke Herr Adrian), Marion Zomerland (als Dienstmädchen Anna), Tochter Angela (Martina Hofmann) sowie einer Schar von Ärzten und Apothekern wurde das sich Krankfühlen aus Lebensangst und die Flucht in die Krankheit als Lebensinhalt genau mi5 der richtigen Portion Humor gewürzt und mit Leben gefüllt, ohne dass das Satirische ins Alberne umschlug. Denn Herr Adrian ist ein Kranker, der sich seine zahlreichen Gebrechen nur einbildet.

Die Krankheit hat er in den Mittelpunkt seines Lebens gestellt. Fortwährend doktert er an sich herum und verhilft seinen Ärzten Herrn Aderlaat (Nicolas C. Ducci) und Herrn Machandel (Horst Karstens) sowie seinem Apotheker, Herrn Holunderbeer (Walter Bleckwedel) so zu Wohlstand und Reichtum. In der Angst um sein kostbares Leben und Vermögen verfällt er auf den Gedanken, Angela, die eigentlich Klemens (Andre Gelhard) über alles liebt, an den künftigen Arzt Thomas Machandel (Marc Gelhard), einem albernen (und herrlich gespielten) Schwätzer und Nichtkönner zu verheiraten. Mit einem Arzt in der Familie hofft er auf kostenlose und bequeme medizinische Unterstützung.

Angela weigert sich und wird dabei von Dienstmädchen Anna und ihrer kleinen Schwester Luise (Stepahnie Zeitz) unterstützt. Auch Adrians Bruder (Klaus Aden) , der diesem vergeblich seine eingebildenten Krankheiten auszureden versucht, steht auf der Seite Angelas und Klemens. Regine (Wilma Welte), Adrinas zweite Frau, dagegen bestärkt ihren Mann in seinem Krankheitswahn und schmiedet unterdessen gemeinsam mit dem Notar Redlich (Willy Meinen) Pläne, um sich die Erbschaft zu sichern. Mit einer List von Anna und Bernhard wird schließlich die Erbschleicherin entlarvt, die wahren Liebenden zusammengeführt und die quacksalberischen Methoden der Ärzteschaft aufgedeckt. Adrian beschließt, sich künftig selbst zu helfen und tritt vor eine Kommission der medizinischen Fakultät (Walter Bleckwedel, Günter Boye, Ralf-Rüdiger Bayer, Ingo Folkers, Hanna Kristoffers) um sich mit gebetsmühlenartiger Wiederholung der immer gleichen Behandlungsmethoden bei jeder Art von Krankheit selbst als Arzt zu qualifizieren.

Moliéres Klassiker gewinnt angesicht der gegenwärtigen Dsikussion um das Gesundheitswesen an Aktualität

Absicht oder Zufall: Mit Arnold Preuß Wahl des Moliere Stücks für sein Ensemble bringt der Regisseur einen Klassiker auf die Bühne, der angesichts des heutigen Gesundheitswesen eine zwingende Aktualität impliziert. Das Publikum - bei dem so mancher mit falscher Erwartungs auf das angekündigte heitere Volkstheater reagierte und sich offensichtlich erst in das Stück einfinden musste - belohnte die fabelhafte Leistung am Ende mit verdientem Beifall.

Weitere Mitstreiter: Klistierspritzenträger: Garbiele Mahnke, Katja Stöver, Fenja Strowik, Aline Wohler Souffleuse: Roswita Wunderlich, Requisite: Marianne Karstens, Eba Mannott-Kallus, Bühnenbild: Arnold Preuß Musik: Nicolas C. Ducci, Maske: Ebba Mannott-Kallus, Anke Schlupkotten, Claudia Schröder, Katja Stöver, Heidi Strowink Bühnenbau: Wolfgang Buttjer, Heinz Fuchs, Bühnenmalerei: Thomas Marschner, Bühnentechnik: Jörg Buse, Wolfgang Buttjer, Werner Dörnath, Manfred Eilers, Heinz Fuchs, Gerd Gelhart, Beleuchtung: Uwe Freiberg, Herrmann Hanneken, Detlef Schumann, Technische Leitung: Manfred Eilers, Inspizientin: Anne Hillers.


JEVERSCHES WOCHENBLATT vom 10. April 2006

Klassiker auf Plattdeutsch

WILHELMSHAVEN - Molières Lustspiel „Der eingebildete Kranke" zählt zu den Klassikern auf deutschen Bühnen. Auch in Wilhelmshaven ist das Stück jetzt zu sehen - auf Plattdeutsch. „Herr Adrian hett Liefpien" heißt das Stück des „Theater am Meer - Niederdeutsche Bühne Wilhelmshaven". Wer einen platten Schwank erwartet hat, sieht sich getäuscht. Die Inszenierung von Arnold Preuß bewahrt die köstliche Ironie des Originals. SEITE 9

Ironisches Spiel in plattdeutscher Mundart

Premiere von „Herr Adrian hett Liefpien"

Nicht nur der Hypochonder Herr Adrian begeisterte das Publikum - das ganze Ensemble des „Theater am Meer" überzeugt in dem vergnüglichen Stück.

VON ERNST RICHTER

WILHELMSHAVEN - Während in Deutschland Ärzte und Krankenhauspersonal für mehr Geld und angemessenere Arbeitszeiten streikend auf die Straßengehen, feiern in der Jadestadt Arzte, Apotheker und Personal die Aufnahme eines neuen Doktors in ihre Klientel - und das Publikum applaudiert stürmisch diese Zeremonie. Nein, hier hagelt es keine Proteste, denn wir befinden uns im Stadttheater, wo sich just der Premierenvorhang der Wilhelmshavener Erstaufführung „Herr Adrian hett Liefpien" der Niederdeutschen Bühne Wilhelmshaven schließt. Das „Theater am Meer" macht möglich, was im realen Alltag absurd wäre. Da gibt es wohl keine Quacksalber, die solch einem eingebildeten Kranken wie dem Herrn Adrian das Fell über die Ohren ziehen möchten.

Bühnenleiter Arnold Preuß hat den weltweit bekannten und allerorts aufgeführten Moliere-Lustspiel-Klassiker „Der eingebildete Kranke" ins Niederdeutsche übertragen und auch gleich die Regie übernommen. Was dabei herauskam, ist kein platter Schwank, sondern ein ironisches Spiel im Klang der plattdeutschen Mundart, die hier original und zugleich originell vorgetragen wird. Wer nicht alle sprachlichen Feinheiten der oft reichlich langen Dispute mitbekommt und auch vergeblich vor derAufführung die hochdeutsche Übersetzung für „Liefpien" (vielleicht Lebenspein) gesucht haben sollte, der kann sich an den szenischen Rangeleien in den hübschen Kostümen der Barockzeit erfreuen, zusammengestellt von Helga Lauermann.

Marion Zomerland gibt der koketten Deern Anna pulsierende Gestalt.

Da ist an erster Stelle das aufmischende und quicklebendige wie äußerst einfallsreiche Dienstmädchen Anna zu nennen, dem Marion Zomerland pulsierende Gestalt verleiht. Die fesche Deern mit dem koketten Blick knüpft die Fäden der Handlung um den eingebildeten Kranken, den Jürgen Tapken verkörpert.

Zum Verständnis: Der eingebildete Kranke ist ein Hypochonder, laut Duden ein stets missmutiger, schwermütiger und an eingebildeten Krankheiten leidender Mensch. Jürgen Tapken gefällt mit Witz und Mimik in der Liefpien-Paradefigur des Herrn Adrian.

Köstlich und wie aus dem Leben gegriffen ist anzuschauen, wie Ehefrau Regine (Wilma Welte) ihren leidenden Mann umsorgt und den ihn verarztenden Quacksalbern Mut zu immer neuen Rezepturen und weiteren Klistieren macht, dann aber Freudentänze aufführt, als man ihr vorgaukelt, der Ehegatte sei gestorben. Das wiederum bringt den Hypochonder Adrian zu Verstand, er vergisst seine eingebildeten, ihn finanziell ruinierenden Krankheiten und wird selbst coram publico vom Dekan der Medizinischen Fakultät zum Doktor gekürt.

Das „Theater am Meer" hat sein großes Laienspiel-Ensemble aufgeboten, um diese Aufführung zum Saisonschluss zum Erfolg zu führen. Das ist auch gelungen. In den weiteren Rollen wirken mit Martina Hofmann (Angela), Stephanie Zeitz (Luise), Klaus Aden (Adrians Bruder Bernhard), Horst Karstens (Doktor Machandel), Walter Bleckwedel (Apotheker Holunderbeer /Dekan), Andrrs Gelhart (Klemenz), Nicolas C. Ducci (Hausdoktor Aderlaat), Marc Gelhart (Thomas Machandel), Willy Meinert (Notar Redlich) sowie Günter Boye, RalfRüdiger Bayer, Ingo Folkers, Hanna Christoffers, Gabriele Mahnke, Katja Stöver, Fenja Strowik und Aline Wohler.

Die weiteren Aufführungen: Donnerstag, 13. April (20 Uhr), Sonnabend, 22. April (20 Uhr), Sonntag, 30. April (15.30 und 20 Uhr), Sonntag, 7. Mai, (20 Uhr), und Sonntag, 14. Mai (15.30 und 20 Uhr).

zurück